Photovoltaik
Bürgerladen
Dienstag, 30. Juli 2024 Wolfhager Allgemeine/Lokales
Jeder Euro und jeder Kunde zählt
Bürgerladen Ippinghausen besteht seit 30 Jahren
von Antje Thon
Fotos: Antje Thon
Sauberer Strom vom Dach: Zamir Zichinawa (rechts) und Nikita Burenkov von der Solarstream GbR aus Wolfhagen beim Verlegen der Solarmodule
Ippinghausen – Die Versorgung der Menschen in kleinen, ländlichen Orten mit Produkten des täglichen Bedarfs gestaltet sich oft schwierig. In nur wenigen Dörfern gibt es einen Laden, der neben Milch, Käse und Marmelade auch Zahnbürsten und Duschgel im Sortiment hat. Und wenn doch, dann kämpfen die Geschäfte ums Überleben. Den Bürgerladen in Ippinghausen gibt es inzwischen seit 30 Jahren. Sein Team muss sich immer wieder etwas Neues einfallen lassen, um im beschwerlichen Ringen um Kunden und Umsatz zu bestehen und einem Schicksal zu entgehen, wie es zuletzt den Rewe-Einkaufsbus ereilt hat, dem nach kaum mehr als einem Jahr bei der Versorgung der Menschen in den Dörfern die Luft ausgegangen ist.
In diesen Tagen hat die Wolfhager Solarstream GbR im Auftrag der Stadtwerke das Dach des Bürgerladens in Ippinghausen mit PV-Modulen ausstaffiert. Der Gedanke dahinter: Die Betriebskosten sollen runter. Den sauber erzeugten Strom der Anlage erhält die Genossenschaft, die den Bürgerladen trägt, von den Stadtwerken zu günstigen Konditionen und spart so pro Jahr um die 750 Euro bei den Ausgaben für Energie, sagt Klaus Peter Mohrdieck, der nicht nur Ortsvorsteher ist, sondern auch zusammen mit Manfred Homburg ehrenamtlich in die Pedalen eines Lastenrades tritt, um diese Einkäufe zu Kunden nach Hause zu bringen. Um gut zwölf Prozent ließen sich nun die jährlichen Kosten für Energie reduzieren.
Das klinge nach wenig, doch bei einem Jahresumsatz von 260 000 Euro zähle jeder Euro, sagt Mohrdieck, „jeder Euro und jeder Kunde“. Bei einem Ergebnis dieser Größenordnung würde der Laden das Geschäftsjahr mit einer schwarzen Null beenden. Doch hin und wieder gehe auch mal etwas kaputt, müsse repariert oder ersetzt werden. Dann ist eine schwarze Null zu wenig. „Und wenn der Laden erst dicht ist, dann ist das Geschrei groß“, so Mohrdieck. Nach einem schwierigen ersten Halbjahr stiegen die Zahlen nun wieder an. „Die Menschen im Dorf nutzen das Angebot wieder besser“, sagt der Ortsvorsteher, doch da sei noch Luft nach oben. Unterstützung gäbe es von Ippinghäuser Vereinen, wenn auch nicht von allen. Der Weidelsburgverein etwa erwerbe einen Teil der Waren, die an den Öffnungstagen auf der Burg verkauft werden, im Lädchen.
Den Gedanken, das Dach mit Fotovoltaik auszustatten, hatte Klaus Peter Mohrdieck bereits vor einiger Zeit. Allerdings sei eine Investition in Höhe von 25 000 Euro einfach nicht machbar gewesen. Gemeinsam mit den Stadtwerken und der Stadt habe man eine Lösung gefunden. Die Kommune stellt dem Versorger die Dachfläche ihrer Immobilie mietfrei zur Verfügung, die Genossenschaft muss weder Eigenkapital investieren, noch muss sie sich um die Wartung der Technik kümmern und profitiert dennoch über einen langfristig günstigen Strompreis.
Dass der Bürgerladen im Dezember seinen 30. Geburtstag feiern könne, sei vor allem ein Verdienst des Personals. Und damit meint Mohrdieck nicht nur vier Angestellte, sondern auch eine gute Handvoll Ehrenamtlicher. So würden die Ehemänner der Verkäuferinnen die Waren auspacken und einräumen. Das Lastenrad können Kunden seit zweieinhalb Jahren in Anspruch nehmen. Auf der Liste stehen laut Mohrdieck um die 20 Ippinghäuser. Eine von ihnen ist Roswitha Prinz. Die 72-Jährige besitzt kein Auto und kauft so gut wie alles im Bürgerladen. Dazu unternimmt sie einen Spaziergang zum Geschäft, wählt die Produkte aus, bezahlt und Manfred Homburg oder Klaus Peter Mohrdieck liefern die Waren mit dem Elektrorad nicht nur kostenlos aus, sondern tragen sie auch in die Wohnung. „Das ist für mich eine große Entlastung im Alltag“, sagt sie.
Kundin Roswitha Prinz nutzt den kostenlosen Service und lässt ihre Einkäufe von Klaus-Peter Mohrdieck per E-Lastenrad bringen.