HNA-Bericht
Bürgerladen
Dienstag, 21. Mai 2024, Wolfhager Allgemeine / Lokales
„Ich muss schon kämpfen“
MEHR ZUM THEMA - Dorfläden sorgen sich um Kundenrückgang
VON JOHANNES SIEBERT, JOSEFIN SCHRÖDER UND BERND SCHÜNEMANN
Foto: Johannes Siebert
von links: Klaus-Peter Mohrdieck, Birgitt van der Veek und Jutta Homburg
Kreis Kassel – „Hier wohn’ ich, hier kauf ich ein.“ So lautet das Motto von Klaus Peter Mohrdieck und dem Ippinghäuser Bürgerladen. Seit 30 Jahren gibt es das Geschäft im Wolfhager Stadtteil. Aber die Blütezeit sei vorbei, so Vorstandsmitglied Mohrdieck. Während der Corona-Pandemie sei es sehr gut gelaufen. Viele Kunden seien in das Geschäft gekommen, weil sie anderswo manche Artikel nicht mehr erhalten konnten. Aber auch aus Sorge vor einer Ansteckung seien viele Menschen lieber in kleinere Geschäfte gegangen.
Aber nachdem die Pandemie ihr Ende gefunden hatte, begann der Krieg in der Ukraine, manche Lebensmittel wurden teurer, und die Energiekosten sowie die Inflation stiegen kräftig. „Seitdem merken wir schon einen drastischen Rückgang an Kunden“, sagt Mohrdieck. Aber noch könne man sich so gut über Wasser halten, dass man am Ende des Monats mit einer schwarzen Null rauskomme. Falls aber weiter Kunden wegbleiben würden, müsste man über eine Schließung nachdenken.
„Wir sind mit diesem Geschäft aufgewachsen“, sagt die Chefin des Geschäfts, Birgitt van der Veek. Man bekomme das nur zusammen hin. Vor allem auch, wenn sich die Resonanz aus dem Dorf steigern würde, wäre das besser, sagt Klaus-Peter Mohrdieck. Er betont, dass die Preise im Dorfladen überwiegend genauso günstig seien, wie in größeren Supermärkten. Das Vorstandsmitglied hofft, dass der Bürgerladen in Ippinghausen überleben wird.
Im Dorfmarkt in Oberelsungen sieht es ähnlich aus. Inhaber Simon Szillat berichtet gegenüber unserer Zeitung, dass er einen Kundenrückgang feststelle. Der Markt eröffnete zu Beginn der Corona-Pandemie, und somit stellten sich die Inhaber auf Erfolg ein. Doch bei diesem Erfolg blieb es nicht, so Simon Szillat. Denn darauf folgten „schwere Zeiten“. Durch höhere Einkaufspreise und Energiekosten müsse er eigentlich die Preise seiner Produkte anheben. Aber das traue er sich nicht unbedingt: „Ich muss schon kämpfen.“ Manchmal quälten ihn auch Existenzängste.
Auch Simon Szillat wünscht sich mehr Resonanz aus der Dorfbevölkerung. Er führe den Laden ja auch für das Dorf: „In solchen Zeiten muss man auch zusammenhalten.“
„Es herrscht Krieg im Portemonnaie, und gespart wird zuerst an Lebensmitteln“, sagt Claudia Jütte aus Simmershausen. Die Produkte aus ihrem Hofladen „Jüttes Weidberghof“ waren in der Pandemie besonders bei jungen Leuten sehr gefragt, die auch für ältere Verwandte eingekauft hätten. Von den jüngeren Kunden seien einige geblieben.
Der Umsatz sei jedoch trotzdem eingebrochen. Besonders gespürt haben das Claudia und Martin Jütte im vergangenen Jahr, als ihre Lieferanten zusätzlich die Preise erhöhten. „Beim Verpackungsmaterial war es am extremsten. Wenn ich das an die Kunden weitergegeben hätte, wäre niemand mehr gekommen“, sagt die Landwirtin. Nach einem schlappen Start ins aktuelle Jahr laufen die Geschäfte seit März wieder besser, so die Betreiber.
Einen langsamen, aber stetigen Zulauf an Kunden erlebt Arne Voß vom Dorf- und Mitgliederladen Milao in Oberkaufungen. Das Sortiment umfasst Produkte in Bio-Qualität für den täglichen Bedarf. Auch Nicht-Mitglieder können dort einkaufen. „In Coronazeiten haben wir gut verkauft, und auch jetzt sind wir zufrieden mit den Geschäften“, sagt Voß. Große Schwankungen oder Umsatzeinbußen gebe es nicht. Lediglich am Anfang und am Ende des Jahres verzeichne der Laden Mitgliederaustritte. Neben den Stammkunden im Alter von 50 bis 60 Jahren würden verstärkt auch junge Familien das Angebot für sich entdecken, das sei neu.